Görlitzer Montagsdemo: Verfassungsschutz stuft Organisatoren als Extremisten ein

Seit Jahren hetzen die Redner auf der Görlitzer Montagsdemo gegen Politiker, Medien, Flüchtlinge. Der Verfassungsschutz präsentiert vier der Organisatoren nun die Quittung.

Das Organisationsteam der Montagsdemonstration ist als gesichert extremistisch eingestuft worden. Das teilt Patricia Vernhold, Sprecherin des Landesamtes für Verfassungsschutz, am Mittwoch mit. Es geht um vier Personen, die mit ihren Äußerungen beitragen zu einer demokratiefeindlichen und womöglich gar sicherheitsgefährdenden Delegitimierung des Staates.

Einer der Gründe für die Einstufung: „Das Organisationsteam ist in der extremistischen Szene gut vernetzt“, unterhält beispielsweise Kontakte zu den Freien Sachsen, überregional aktiven Rechtsextremisten und Akteuren aus der sogenannten Delegitimieren-Szene, erklärt Patricia Vernhold. Man muss nicht weit zurückschauen, um Beispiele zu finden: Rechtsextremist Max Schreiber (Freie Sachsen, NPD) gehörte kürzlich zu den Rednern der Montagsdemo auf dem Postplatz. Björn Winter, als DJ Björn Banane in der Querdenker-Szene bekannt, war neulich zu Gast. Im Februar stand der Ex-ARD-Korrespondent Christoph Hörstel auf der Bühne, der dem Publikum zum Beispiel mitteilte, nicht nur eine „globale Weltgesundheitsorganisationsdiktatur“ sei geplant, sondern auch ein Weltkrieg.

Immer wieder extremistische Redner auf der Bühne

Verfassungsschutzrelevante Redebeiträge seien keine Seltenheit auf der Görlitzer Montagsdemo, sagt Patricia Vernhold. „So wurde die Bundesregierung mehrfach als ‚korrupt‘ und ‚faschistisch‘ bezeichnet und die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland in einer massiven Art und Weise diffamiert.“ Bestimmte Themen wie Corona-Pandemie, Energiepolitik, Frieden und Waffenlieferungen oder auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk würden zum Anlass genommen, „den demokratisch gewählten Regierungsmitgliedern ein grundlegendes Versagen zu attestieren und ihnen zudem böse, krude Absichten zu unterstellen.“ Immer wieder werde dabei mit Desinformation gearbeitet, also mit falschen Behauptungen.

Wer sind die vier eingestuften Personen?

Doch es geht nicht nur um die mitunter extremistischen Redner, denen das Organisationsteam regelmäßig eine Bühne bei den Montagsdemonstrationen in Görlitz bietet, sondern auch um ihre eigenen Handlungen, Äußerungen. Wer die vier als extremistisch eingestuften Organisatoren sind, darf der Verfassungsschutz nicht sagen. Es liegt aber zumindest nahe, dass der Hauptorganisator Frank Liske dazugehört.

Bis heute fordert er regelmäßig eine Bestrafung all jener, die für angebliche „Corona-Verbrechen“ verantwortlich sind, unterstellte auch schon Richtern – es ging um das Versammlungsrecht während der Corona-Pandemie -, sie hätten bewusst Unrecht walten lassen. Was sonst noch so auf der Montagsdemo zu hören ist – der Verfassungsschutz führt eine Reihe Zitate auf. Zum Beispiel: Wenn man nur zusammenhalte, „dann werden wir es schaffen, dieses beschissene System, was nichts mehr meiner Meinung nach mit Demokratie und Frieden und Freiheit zu tun hat, endlich abzudrehen.“ SZ-Recherchen nach sagte Frank Liske das bei einer Demo im Juli. „Der Fisch stinkt vom Kopf, der muss ab und am besten vergraben werden, dazu die Innereien, Flossen und Gräten“, forderte im Sommer Liskes Stellvertreter Burkhard Hasenfelder.

Im Mai 2021 fand die Montagsdemo an wechselnden Orten statt, hier auf dem Sechsstädteplatz, als sogar OB Octavian Ursu (li.) zu den Demonstranten sprach, um Geduld bei der Corona-Pandemie warb. Mit dem Mikro ist auf dem Bild Burkhard Hasenfelder zu sehen.

Auch er scheint zu den als extremistisch eingestuften Personen zu gehören. Nahe liegt auch der Görlitzer Redakteur des Szene-Magazins „Aufgewacht“, das von den Freien Sachsen herausgegeben wird. Die Freien Sachsen wurden im Juni 2021 als rechtsextremistisch eingestuft. Die vierte Person soll eine Frau sein, die auch zum Organisationsteam hin und wieder zu den Rednern zählt.

Insgesamt, erklärt Patricia Vernhold, verfolge die Gruppe den Zweck, die Protesthaltung in der Bevölkerung zu kanalisieren „und Interessierten aus der Region regelmäßig montags eine Protestplattform zu bieten.“ Das ist erst mal nicht verboten, jedoch: „Die staatlichen Entscheidungsträger werden über die in der politischen Auseinandersetzung übliche Kritik hinaus zum klaren Feindbild stilisiert“, immer wieder werde eine grundlegende Ablehnung der politischen Entscheidungsfindung deutlich. „Die Verhaltensweisen sind dazu geeignet, das Vertrauen Dritter in den Staat und seine demokratischen Institutionen zumindest in Ansätzen elementar zu erschüttern.“

Montagsdemo immer wieder überregional Thema

Montagsdemos gibt es nicht nur in Görlitz. Entstanden waren die Kundgebungen bundesweit während der Corona-Pandemie als Protest gegen Schutzmaßnahmen und Impfung. Während manche Proteste ihr Ende mit dem Abflachen der Pandemie fanden, ging es in manchen Städten mit neuen Themen weiter. In Görlitz steht heute etwa die Flüchtlingspolitik weit oben auf der Liste. Auf die Görlitzer Montagsdemo und ihre Inhalte wurde nicht nur der Verfassungsschutz aufmerksam, sondern letztlich sogar internationale Medien, wie das Wall Street Journal und Le Figaro. Vor einem kappen Jahr bereits, zum Start des Christkindelmarktes, hatte die Demo Medieninteresse geweckt: Der „Spaziergang“, der Demonstranten verläuft über den Untermarkt, wo aber auch der Christkindelmarkt stattfindet. Aus Platz – und damit letztlich Sicherheitsgründen, sollten die Demonstranten ihre Route leicht verändern – was sie versuchten zu umgehen.

Ob diese Auseinandersetzung auch dieses Jahr ansteht, ist offen. Noch ist unklar, ob die Einstufung der Demo-Organisatoren durch den Verfassungsschutz Einfluss hat auf die Genehmigung der montäglichen Kundgebungen.